Arbeitsrecht

Mindestentgelt in der Pflegebranche

Das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15.07.2010 ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen.

Was ist passiert?

Die Klägerin war bei einem privaten Pflegedienst als Pflegehelferin beschäftigt. Zu Ihren Aufgaben gehörte unter anderem die Pflege und Betreuung von zwei dementen Schwestern einer katholischen Schwesternschaft. Neben den eigentlichen Pflegeleistungen oblag der Klägerin auch die hauswirtschaftliche Versorgung der Schwestern. Sie arbeitete in zweiwöchigen Rund-um-die-Uhr-Diensten, während der sie verpflichtet war, an der Pflegestelle anwesend zu sein. In den Arbeitsphasen bewohnte sie im Haus der Schwesternschaft ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den betreuenden Schwestern. Diese nahmen täglich von 11:45 Uhr bis 12.45 Uhr am gemeinsamen Mittagessen der Schwesternschaft und von 17:50 Uhr bis 18:50 Uhr am Gottesdienst teil.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin für die Monate August bis Oktober 2010 die Nachzahlung von insgesamt 2.198,59 € brutto begehrt und geltend gemacht, das Mindestentgelt von – damals – 8,50 € je Stunde nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV sei für jede Form der Arbeit zu zahlen. Die Beklagte hat eingewendet, die Klägerin habe nicht 24 Stunden am Tag gearbeitet. Das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV sei nicht für Bereitschaftsdienste zu zahlen. Für diese könne arbeitsvertraglich eine geringere Vergütung vereinbart werden.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf der Basis von 22 mit dem Mindestentgelt zu vergütenden Stunden je Arbeitstag im Rund-um-die-Uhr-Dienst stattgegeben. Die Zeiten des Mittagessens und der Teilnahme am Gottesdienst hat das Landesarbeitsgericht als nicht zu vergütende Pausen gewertet.

Wie hat das BAG entschieden?

Die Revision der Beklagten blieb vor dem 5. Senat des BAG erfolglos. Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist „je Stunde“ festgelegt und knüpft damit an die vergütungspflichtige Arbeitszeit an. Dazu gehören nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst. Während beider muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Zwar kann dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Verordnungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht. Deshalb sind arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für einen Bereitschaftsdienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam.

Fazit

Schon vor dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes zum 01.01.2015 gab es in einigen Branchen Mindestlohnregelungen. So auch in der Pflegebranche.

Die Entscheidung gibt einen wichtigen Hinweis auch zum Verständnis des neuen Mindestlohngesetzes, das den Mindestlohn von 8,50 € ebenfalls auf die Zeitstunde regelt. Damit werden auch Bereitschaftsdienste außerhalb der PflegeArbbV entsprechend zu vergüten sein. Weder das Mindestlohngesetz noch die PflegeArbbV enthalten Tariföffnungsklauseln, so dass also abweichende tarifliche Regelungen über die Vergütung der Arbeitszeit mit dem Mindestlohngesetz und der PflegeArbbV kollidieren.

(BAG, Urteil v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12)