Ermäßigung der wöchentlichen Arbeitszeit aus Altersgründen; Einbeziehung von Teilzeitbeschäftigten; Altersdiskriminierung
Sieht eine Betriebsvereinbarung die Ermäßigung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Std./Woche ab dem 40. Lebensjahr auf 36,5 Std./Woche und ab dem 50. Lebensjahr auf 35 Std./Woche vor, so kann die hierin begründete Differenzierung nach dem Lebensalter nicht als durch das gesteigerte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer gerechtfertigt angesehen werden, wenn die Altersermäßigung (anteilig) auch auf Teilzeitbeschäftigte Anwendung findet. Das Motiv der Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vermag hieran nichts zu ändern.
Die Unwirksamkeit der Regelung hat eine „Anpassung nach oben“ in der Weise zur Folge, dass die Arbeitszeitverkürzung auf 35 Std./Wo bereits vor Vollendung des 50. Lebensjahres beansprucht werden kann.
Hat der AN danach wöchentlich mehr Stunden gearbeitet, als dies seiner reduzierten Arbeitsverpflichtung entsprach, steht ihm für die Vergangenheit ein Anspruch auf Schadensersatz in Geld zu.
Was ist passiert?
Die Arbeitgeberin (eine Gewerkschaft) hatte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, Diese sah vor, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden für Arbeitnehmer ab dem 40. Lebensjahr auf 36,5 Stunden und ab dem 50. Lebensjahr auf 35 Stunden reduziert wurde. Dagegen klagte nun eine Arbeitnehmerin, die noch nicht in den Genuss der reduzierten Arbeitszeit von 35 Stunden kam. Sie argumentiert, dass die getroffene Regelung, nach welcher die wöchentliche Arbeitszeit der älteren Beschäftigten stufenweise ab dem 40. Lebensjahr und erneut ab dem 50. Lebensjahr um je 1,5 Std. abgesenkt werde, gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG verstoße, da in unzulässiger Weise an das Merkmal des Alters angeknüpft werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters im Sinne des § 10 AGG vor. Insbesondere könne die Altersstaffelung nicht damit gerechtfertigt werden, dass hiermit dem altersbedingten Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte und einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung getragen werden soll. Zum einen sei nicht ersichtlich, dass bereits mit dem Lebensalter von 40 Jahren die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nachlasse und aus diesem Grunde eine Kompensation durch Arbeitszeitverkürzung geboten sei. Zum anderen stehe es mit dem angeblichen Ziel des Gesundheitsschutzes in Widerspruch, dass die Regelung auch auf Teilzeitkräfte Anwendung finde, welchen zusätzlich das Wahlrecht zugebilligt werde, anstelle einer anteiligen Arbeitszeitverkürzung eine entsprechende Vergütungserhöhung zu erhalten, wie dies anlässlich der Vollendung ihres 40. Lebensjahres auch bei der Klägerin selbst gehandhabt worden sei.
Wie hat das LAG entschieden?
Es hat der Klage stattgegeben. Zwar sei die Regelung in der Betriebsvereinbarung vielleicht noch als wirksam anzusehen, wenn nur die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten für sich betrachtet werde. Da aber auch Teilzeitbeschäftigte, die deutlich weniger als 35 Stunden arbeiten, in den Genuss der reduzierten Arbeitszeit kommen können, und die damit von den in der Betriebsvereinbarung angenommenen Grenzen der Belastbarkeit unter Umständen sogar weit entfernt sind, verstößt die Regelung gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach dem AGG.
Fazit
Der Fluch der guten Tat? Hätte die Betriebsvereinbarung die Teilzeitbeschäftigten ausgenommen, hätte die Regelung vielleicht gehalten. Hätte die Betriebsvereinbarung dagegen die Teilzeitbeschäftigten von vorneherein ausgeschlossen, hätte mancher darin einen Verstoß gegen das TzBfG gesehen.
Mehr und mehr rückt die Diskriminierung wegen des jugendlichen Alters in den Blickpunkt der Rechtsprechung. Wie man sieht ist es gar nicht so einfach, ältere Arbeitnehmer in den Genuss einer verkürzten Arbeitszeit zu bringen.
Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren ist vor dem BAG anhängig (Aktenzeichen 8 AZR 168/14).
(LAG Hamm, Urt. v. 30.01.2014 – 8 Sa 942/13)