Arbeitsrecht

Weiterbeschäftigungsverlangen nach Zugang eines Rentenbescheides

Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG findet keine Anwendung, wenn auf das Arbeitsverhältnis ein einschlägiger Tarifvertrag anwendbar ist, der eine Befristung oder auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses vorsieht.

Die Frist für das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 33 Abs. 3 TV-L wird erst durch die Beendigungsmitteilung des Arbeitgebers in Lauf gesetzt und nicht schon durch den Zugang des Rentenbescheides.

Was ist passiert?

Die Klägerin, auf deren Arbeitsverhältnis der TV-L Anwendung fand, erhielt am 27.12.2010 einen Rentenbescheid wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nachdem sie den Rentenbescheid ihrem Arbeitgeber zugeleitet hatte, teilte dieser mit einem am 26.03.2011 zugegangenen Schreiben der Klägerin mit:

Gemäß § 33 Abs. 2 TV-L endet ihr Vertrag mit Ablauf des Monats Dezember 2010, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Mit Schreiben vom 16.01.2011 haben Sie die Weiterbeschäftigung beantragt. Diese wurde nicht geprüft, da sie die Weiterbeschäftigung nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Rentenbescheids beantragt haben.

Mit der am 08.04.2011 erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, § 33 Abs. 2 TV-L beende das Arbeitsverhältnis trotz verminderter Erwerbsfähigkeit nicht, da sie die vertraglich geschuldete Teilzeittätigkeit weiterhin ausführen könne. Jedenfalls habe sie ihre ohne nennenswerte Einschränkung mögliche Weiterbeschäftigung rechtzeitig innerhalb der 2 Wochen-Frist nach § 33 Abs. 3 TV-L verlangt. Die Frist könne nicht vor der Mitteilung des beklagten Landes über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Rentenbescheid in Gang gesetzt worden sein.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auflösenden Bedingung zum 09.04.2011 geendet hat.

Wie hat das BAG entschieden?

Es hat die Revision zurückgewiesen und damit der Klage stattgegeben.

Die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Grundsätzlich beginnt auch bei derartigen so genannten „Bedingungskontrollklagen“ die 3-wöchige Kündigungsfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu laufen. Maßgeblich dafür ist aber grundsätzlich eine schriftliche Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Dazu verweist das BAG auf § 15 Abs. 2 TzBfG, wonach der auflösend bedingte Arbeitsvertrag frühestens 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet. Wegen der Nähe zu § 15 TzBfG verlangt das BAG deshalb, dass auch in den Fällen der im Tarifvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung zusätzlich noch eine schriftliche Beendigungsmitteilung erfolgt. Die Klagefrist wird dann erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers ausgelöst, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet sei. Danach wurde die dreiwöchige Klagefrist also erst mit Zugang des Schreibens des beklagten Landes am 26.03.2011 in Lauf gesetzt.

Die auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt des Rentenfalls muss auch nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart werden, wenn der Arbeitsvertrag insgesamt auf einen anwendbaren Tarifvertrag verweist. In diesen Fällen genügt die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Tarifvertrag insgesamt Anwendung finden soll.

Auch die 2 Wochen-Frist, innerhalb der nach dem Tarifvertrag die Weiterbeschäftigung verlangt werden kann, war hier nach Auffassung des BAG noch nicht abgelaufen. Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Sie sind dazu nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit ggf. geltungserhaltend auszulegen. Der dauerhafte Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz nur, wenn der Arbeitnehmer durch eine dauerhafte Rentenleistung wirtschaftlich abgesichert ist. Eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung führt, ist als Auflösungstatbestand ungeeignet. Es muss daher ein Mindestmaß an einem effektiven Bestandsschutz für die Mitarbeiter geben. Insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen entwickelt daher der Senat seine Rechtsprechung dahin weiter, dass die 2 Wochen-Frist des § 33 Abs. 3 TV-L nicht bereits mit dem Zugang des Rentenbescheids an den Arbeitnehmer zu laufen beginnt, sondern erst mit dem Zugang der daran anknüpfenden Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ende aufgrund des Rentenbescheids.

Fazit

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen. Zwar setzt sich der 7. Senat wieder einmal über den erklärten Wortlaut einer kollektiven Regelung (hier des Tarifvertrages) hinweg, in dem er den Lauf der 2 Wochenfrist daran anknüpft, dass der Arbeitgeber tatsächlich auch eine Beendigungsmitteilung verfasst. Allerdings ist die Regelung in § 33 Abs. 3 TV-L selbst erfahrenen Betriebs- und Personalräten oft unbekannt und auch systemwidrig. Deshalb greift das BAG hier zumindest im Ergebnis zu Recht in den Wortlaut des Tarifvertrages ein.

Bemerkenswert ist auch der nochmalige Hinweis auf die Einhaltung der Drei-Wochen-Frist bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt einer Bedingung. Das BAG wendet diese Frist also nicht nur bei Zweckbefristungen nach § 15 TzBfG an, sondern auch bei sonstigen auflösenden Bedingungen wie beispielsweise dem Renteneintritt.

(BAG, Urteil vom 23.07.2014 – 7 AZR 771/12)