Arbeitsrecht

Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds

  1. Der Betriebsrat hat keinen aus § 78 Satz 1 BetrVG folgenden Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines seiner Mitglieder. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht des betroffenen Mitglieds, das nur diesem und nicht dem Gremium insgesamt zusteht.
  2. Verletzt ein Betriebsratsmitglied ausschließlich betriebsverfassungsrechtliche Amtspflichten, sind vertragsrechtliche Sanktionen wie der Ausspruch einer Kündigung oder einer Abmahnung ausgeschlossen

Was ist passiert?

Die Beteiligten stritten im Beschlussverfahren über die Berechtigung einer dem BR-Vorsitzenden erteilten Abmahnung. Der BR-Vorsitzende hatte eine örtliche Betriebsvereinbarung über den Einsatz von Leiharbeitnehmern an alle Arbeitnehmer im Konzern per Mail verschickt und dazu geschrieben, die angehängte BV solle eine mögliche Hilfestellung für alle Betriebsräte des Konzerns sein, er werde auch zukünftig Mails mit Anregungen und Anhängen verschicken.

Die Arbeitgeberin mahnte daraufhin den BR-Vorsitzenden ab und drohte für den Wiederholungsfall nicht nur die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens nach § 23 BetrVG an, sondern ggf. auch den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.

Hiergegen wandten sich sowohl der BR wie auch das einzelne BR-Mitglied und verlangten die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hat den Antrag des Betriebsrates (als Gremium) abgewiesen, der Antrag des BR-Vorsitzenden hatte Erfolg.

Dem BR als Gremium komme kein – im Wege der Rechtsfortbildung anzunehmendes – kollektivrechtlich begründetes Recht zu, hinter dem die Individualrechte des einzelnen BR-Mitglieds zurückzutreten hätten. Soweit der BR sich durch die erteilte Abmahnung in seiner Tätigkeit gestört oder behindert sehe, stehen ihm ggf. Unterlassungsansprüche zu, die im Einzelfall sogar per einstweiliger Verfügung geltend gemacht werden könnten.

Dagegen kann das einzelne BR-Mitglied die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Dabei kann dahinstehen, ob das BR-Mitglied im vorliegenden Fall gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten verstoßen hat. Die Abmahnung war schon deshalb unwirksam, weil die Arbeitgeberin ausschließlich den Vorwurf einer Amtspflichtverletzung mit der Androhung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses sanktioniert hat. Das ist nicht zulässig. Hier käme allenfalls ein Verfahren nach § 23 BetrVG auf Ausschluss aus dem BR in Frage.

Fazit

Die Entscheidung sorgt in zweierlei Hinsicht für Klarheit. Mahnt ein Arbeitgeber ein vermeintliches, betriebsverfassungsrechtliches Fehlverhalten ab, ist der Streit darüber nicht im Urteils-, sondern im Beschlussverfahren auszutragen.

Zum anderen wird vom BAG noch einmal sehr deutlich die Trennung von betriebsverfassungsrechtlicher und arbeitsvertraglicher Tätigkeit aufgezeichnet. Je nachdem, ob es sich um einen arbeitsvertraglichen oder um einen betriebsverfassungsrechtlichen Verstoß handeln soll, sind unterschiedliche Abmahnungen erforderlich mit unterschiedlichen Konsequenzen für das nachfolgende Verfahren. Insoweit schafft die Entscheidung für Betriebsräte auch ein Stück Rechtssicherheit bei der täglichen Arbeit.

(BAG, Beschluss vom 09.09.2015 – 7 ABR 69/13)