Arbeitsrecht

Befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit

Wird einer unbefristet beschäftigten Verkäuferin die höherwertige Tätigkeit einer Kassiererin befristet übertragen, wird die Verkäuferin durch die Befristung nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB benachteiligt, wenn die befristete Übertragung ihrer Erprobung als Kassiererin dient. Die vereinbarte Vertragslaufzeit muss allerdings zu dem Erprobungszweck in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Was ist passiert?

Die Klägerin war seit November 2009 zunächst als Verkäuferin in der Filiale eines Textileinzelhandelsgeschäfts tätig. Mit einem schriftlichen Vertrag vom 14.05.2012 wurde ihr zunächst für vier Monate die Tätigkeit einer Kassiererin übertragen. Dadurch erhöhte sich das monatliche Bruttoentgelt der Klägerin tariflich um gut 50 €. Mit einem weiteren Vertrag wurde diese Tätigkeit als Kassiererin um sechs Monate bis zum 28.02.2013 verlängert.

Am 06.02.2013 unterrichtete die Klägerin den Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft. Daraufhin schrieb der Arbeitgeber am 07.02.2013 die Stelle einer Kassiererin intern neu aus. Die Klägerin hat sich hierauf nicht beworben. Die Stelle wurde am 01.03.2013 mit einer anderen Mitarbeiterin besetzt. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristung ihrer Tätigkeit als Kassiererin.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage zurückgewiesen.

Wie hat das BAG entschieden?

Es hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen.

Die Befristung der Übertragung einer Tätigkeit unterliegt einer Vertragsinhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sind auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar.

Für die bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen vorzunehmende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB gelten andere Maßstäbe als für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrages daraufhin zu prüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die Anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist.

Trotz des unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs sind jedoch bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung. Sie können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers oder auch des Arbeitnehmers auswirken. Liegt der Befristung der einzelnen Vertragsbedingungen ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG liegt ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn die Befristung zur Erprobung erfolgt. Die Dauer der Vertragslaufzeit muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und mit ihm in Einklang stehen. Im vorliegenden Fall konnte das BAG aufgrund der besonderen Umstände nicht beurteilen, ob eine mehr als dreimonatige Probezeit noch den Sachgrund der Erprobung rechtfertigt. Es hat jedoch erhebliche Zweifel geäußert. Entscheiden muss jetzt noch einmal das LAG.

Fazit

Was auf den ersten Blick wie ein eher rechtsdogmatischer Streit aussieht, hat in der Praxis doch erhebliche Auswirkungen. Während eine Prüfung nach dem TzBfG letztlich auf die sachlichen Gründe beschränkt ist, die in § 14 Abs. 1 TzBfG genannt sind, kommt im Rahmen einer Überprüfung nach § 307 Abs. 1 BGB der gesamte Sachverhalt zur Sprache. Die Prüfung ist also weitergehend als nach dem TzBfG. Selbst wenn also eine Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt wäre, könnte das Arbeitsgericht weitere Umstände hinzuziehen, die das infrage stellen. Die Fälle werden selten sein, aber hier sind der Fantasie der Prozessparteien dafür dann auch keine Grenzen gesetzt. Umgekehrt, wenn ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG fehlen würde, spricht manches dafür, dass dies erst recht im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB der Fall sein wird.

(BAG, Urteil vom 24.02.2016 – 7 AZR 253/14)