Arbeitsrecht

Stolperfalle Heimarbeitsplatz

Stürzt ein Arbeitnehmer auf dem Weg von seinem Homeoffice in die Küche, in der er sich ein Glas Wasser holen wollte, liegt kein Arbeitsunfall vor.

Was ist passiert?

Die Klägerin, die an einer Lungenkrankheit und an Asthma litt und deshalb viel trinken sollte, war auf dem Weg von ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz im Dachgeschoss ihres Hauses in ihre Küche gestürzt und hatte sich dabei den linken Fuß gebrochen. Nach ihren Angaben wollte sie sich ein Glas Wasser holen.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hatte diesen Unfall als Arbeitsunfall anerkannt.

Wie hat das BSG entschieden?

Das Bundessozialgericht hat die Klage in letzter Instanz abgewiesen.

Die Klägerin sei auf dem Weg von der Arbeitsstätte im Dachgeschoss zur Küche ausgerutscht, und damit in ihrem persönlichen Lebensbereich. Dass die Klägerin grundsätzlich darauf angewiesen ist, die Treppe zu benutzen, um ihrer Beschäftigung überhaupt nachgehen zu können, vermag allein das unmittelbare Betriebsinteresse nicht zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, welche konkrete Verrichtung mit welcher Handlungstendenz der Verletzte in dem Moment des Unfalls ausübte. Die Klägerin ist die Treppe aber nicht hinabgestiegen, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um in der Küche Wasser zum Trinken zu holen und damit einer typischen eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass das Zurücklegen eines Wegs zum Ort der Nahrungsaufnahme grundsätzlich versichert sein kann. Dies ist dann gerechtfertigt, wenn der Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten (BSG, 18.6.2013, B 2 U 7/12 R). Gerade dies trifft bei der Klägerin nicht zu. Sie unterlag hinsichtlich der beabsichtigten Nahrungsaufnahme keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Vielmehr stand es in ihrem Belieben, ob und wann sie sich wegen des krankheitsbedingten Trinkbedürfnisses Wasser aus der Küche holt.

Fazit

Das BSG erkennt ausdrücklich an, dass die zu beobachtende Zunahme von Heimarbeit zu einer Verlagerung des betrieblichen Unfallrisikos in den häuslichen Bereich führt. Die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Arbeitnehmers nimmt einer Wohnung nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre. Die ihr innewohnenden Risiken hat nicht der Arbeitgeber zu verantworten und vermag der Arbeitnehmer selbst am besten zu beherrschen. Den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung ist es außerhalb der Betriebsstätten ihrer Mitglieder (der Arbeitgeber) kaum möglich, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Daher sei es sachgerecht, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Arbeitnehmern und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der die Unternehmerhaftung abgelöst werden soll, zuzurechnen.

Wer also einen Home-Office-Arbeitsplatz anstrebt, muss sich zukünftig darüber im Klaren sein, dass er für etwaige Unfälle im Haus oder in der Wohnung selber aufkommen muss. Also Augen auf bei der Wahl des Arbeitsortes!

(BSG, Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R)