Arbeitsrecht

Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen – Ausschlussfrist

Werden in einen Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Arbeitgeber kirchenarbeitsrechtliche Regelungen des sogenannten „Dritten Weges“ – hier der kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) der katholischen Kirche – einbezogen, wird von der Bezugnahmeklausel die Ausschlussfristenregelung des § 57 KAVO nicht erfasst.

Was ist passiert?

Der Kläger war bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde als Küster und Reinigungskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag nahm die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in Bezug. Diese sieht in § 57 eine sechsmonatige einstufige Ausschlussfrist vor. Der Kläger macht Differenzvergütungsansprüche wegen angeblich fehlerhafter Eingruppierung geltend. Die Beklagte verweigert die Erfüllung dieser Ansprüche unter Berufung auf die Ausschlussfrist. Der Kläger stellt die Wirksamkeit der Fristenregelung in Abrede und verlangt hilfsweise Schadensersatz, den er u.a. darauf stützt, dass ihm die Beklagte die Ausschlussfrist nicht hinreichend nachgewiesen habe. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Wie hat das BAG entschieden?

Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Ein etwaiger Erfüllungsanspruch auf die Differenzvergütung wäre zwar verfallen, da die Inbezugnahme der KAVO auch deren Ausschlussfrist umfasst und diese wirksam den Verfall von Entgeltansprüchen anordnet, die wie vorliegend den gesetzlichen Mindestlohn übersteigen.

Dem Kläger könnte jedoch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Nachweisgesetzes zustehen. Bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, welche als „ähnliche Regelungen“ nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Anwendungsbereich des § 2 I 2 Nrn. 6 bis 9 NachwG und § 2 II Nrn. 2 und 3 NachwG sowie gemäß § 3 S. 2 NachwG bei Änderungen der kirchlichen Regelungen erleichterten Nachweismöglichkeiten unterliegen sollen. Der Nachweis der Ausschlussfrist bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses wird von diesen Erleichterungen nicht erfasst. Mangels hinreichender Feststellungen des LAG konnte der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger die begehrte Eingruppierung zusteht und deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe der eingeklagten Differenzvergütung besteht. Er hat deshalb den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen.

Fazit

Die Entscheidung des BAG ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert.

Zum einen stellt das BAG fest, dass die kirchenrechtlichen Regelungen (und dazu gehören auch die AVR der Caritas, der Diakonie oder die ABD des Bistums) Tarifverträgen eben nicht vollständig gleichgestellt sind. Auch wenn sich das in vielen Fällen nicht besonders auswirkt, hier ist jedenfalls ein weiterer entscheidender Unterschied.

Zum anderen ist bemerkenswert – und insoweit ist die Entscheidung auch für Arbeitsverhältnisses außerhalb der kirchlichen Einrichtungen von Interesse – dass hier ein Schadensersatzanspruch aus dem Nachweisgesetz zum Erfolg führen kann. Bisher hat das Nachweisgesetz in den allermeisten Fällen eher ein Schattendasein geführt und war auch nach meiner Kenntnis überwiegend auf die Arbeitsverhältnisse anzuwenden, bei denen überhaupt kein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden hat. Das aber auch bei einem so ausgetüftelten Regelwerk wie der KAVO noch Platz ist für einen Schadensersatzanspruch aus dem Nachweisgesetz, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Da wo ein Tarifvertrag Anwendung findet oder in einem Arbeitsvertrag eine Bezugnahmeklausel auf einen anwendbaren Tarifvertrag vorliegt, hat dieses Urteil voraussichtlich keine Auswirkung.

(BAG, Urt. v. 30.10.2019 – 6 AZR 465/18)
(Quelle: Pressemitteilung 36/19 des BAG)