Arbeitsrecht

Crowdworking – Arbeitnehmereigenschaft eines Busfahrers ohne eigenen Bus

Es spricht tendenziell gegen die Arbeitnehmereigenschaft eines Busfahrers, der sich als selbständiger Crowdworker bewirbt, wenn die geschäftliche Beziehung nur wenige Tage andauern soll und eine Eingliederung in den Geschäftsbetrieb des Auftraggebers nicht stattgefunden hat.

Was ist passiert?

Der Kläger hat sich auf einer Internetplattform als selbstständiger Fahrer beworben. Ein Gewerbe hat er nicht angemeldet. Über einen eigenen Bus verfügt der Kläger nicht.

Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen. Die Parteien verständigten sich per E-Mail dahingehend, dass der Kläger als Fahrer für einen Reisebus auf der Strecke C - D - C ab dem 2. Juli 2018 eingesetzt wird. Der Kläger schrieb mit E-Mail vom 29. Juni 2018 u.a.:

„…Wie vereinbart bestätige ich Ihnen Ihr(en) Auf(t)rag
Anfahrt 100 Euro
Abfahrt 100 Euro
Erste(r) Tag nach D 120 Euro
die Tage in D jeweils für 100 Euro…“.

Ein schriftlicher Vertrag kam nicht zu Stande. Unstreitig aber wurde ein Nettolohn von ca. 1.400 Euro vereinbart. Die Übergabe des Busses erfolgte auf einem Rastplatz bei C durch den Geschäftsführer Herrn E. In der Folge erbrachte der Kläger die vereinbarte Fahrertätigkeit in der Zeit vom 2. bis 12. Juli 2018. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Fulda Klage erhoben und Zahlung von 1.480 Euro netto geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, und deshalb sei für die Klage auch das Arbeitsgericht zuständig.

Die Beklagte argumentiert dagegen, dass kein Arbeitsverhältnis vereinbart worden sei. Sie betreibe selbst nur ein kleines Busunternehmen, die Busse stünden nicht in Ihrem Eigentum, sondern sie miete diese selbst. Unzutreffend sei, dass der Kläger die auszuführende Tour nach ihren Anweisungen habe ausführen müssen. Vielmehr sei es so, dass sie lediglich die vom Reiseveranstalter vorgegebenen Angaben an den Kläger weitergereicht habe. Der Kläger sei lediglich als einmalige Aushilfe bestellt worden und er sei auch nicht mit festen Fahrzeiten in den Betrieb eingegliedert gewesen. Der Kläger habe sich selbst auf der Internetplattform als selbstständiger Busfahrer ausgegeben.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19. September 2018 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und den Rechtsstreit an das nach seiner Auffassung zuständige Amtsgericht verwiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Beschwerde zum LAG Hessen eingelegt.

Wie hat das LAG entschieden?

Das LAG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG eröffnet, da der Kläger kein Arbeitnehmer der Beklagten war. Maßgeblich spricht im vorliegenden Fall gegen ein Arbeitsverhältnis, dass der Kläger nur wenige Tage für die Beklagte tätig war und nicht in ihren Betrieb eingegliedert war. Es bestand auch keine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beklagten, so dass er auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG qualifiziert werden kann.

Fazit

Die Beschäftigung von sogenannten Freelancern beschäftigt immer häufiger die Gerichte. Auch das LAG München hat vor wenigen Tagen dazu eine Entscheidung veröffentlicht. Im Hinblick auf die Einordnung von Fahrern bzw. Busfahrern gibt es in der Rspr. bislang kein einheitliches Bild. Teilweise weichen hier die Beurteilungen durch das Bundessozialgericht und das BAG sogar voneinander ab. Für die Tätigkeit eines Piloten hat das BSG angenommen, diese Tätigkeit könne sowohl als selbständige als auch als unselbständige Beschäftigung erbracht werden (vgl. BSG 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R). Nach der Rspr. des BAG sind Piloten jedenfalls dann Arbeitnehmer, wenn sie als Copiloten Weisungen des Piloten unterliegen und in Dienstplänen aufgeführt sind (vgl. BAG 16. März 1994 – 5 AZR 447/92). Auch die Tätigkeit eines LKW-Fahrers kann sowohl als selbständige als auch als unselbständige Beschäftigung erbracht werden (vgl. LSG Baden-Württemberg 27. Juli 2016 – L 5 R 1899/14), wobei es im Regelfall für eine Arbeitnehmereigenschaft spreche, wenn der Fahrer über keinen eigenen LKW verfügt (vgl. LSG Baden-Württemberg 27. Juli 2016 – L 5 R 1899/14). Ein Busfahrer, der nur sporadisch als Fahrer eingesetzt worden ist und über keinen eigenen Bus verfügt hat, ist sozialrechtlich als abhängig Beschäftigter eingeordnet worden (vgl. LSG Baden-Württemberg 23. Januar 2004 – L 4 KR 3083/02). Werden Taxifahrer unregelmäßig für Fahrten herangezogen, fehlt es regelmäßig an einer Eingliederung in den Betrieb, was gegen eine Arbeitnehmereigenschaft spricht (vgl. BAG 15. April 1986 – 1 ABR 44/84).

Ein neuer oder modifizierter Arbeitnehmerbegriff wird für „Plattformarbeiter“ bisher nicht herangezogen. Auch wenn die besondere Schutzbedürftigkeit dieser Personengruppe durchaus anerkannt wird, tut sich die Rechtsprechung damit immer noch schwer. Zum Teil wird der Versuch unternommen, die Regelungen für arbeitnehmerähnliche Personen heranzuziehen.

Kein maßgebliches Kriterium kann m.E. aber die Dauer der Beschäftigung sein.

(LAG Hessen, Beschluss vom 14.02.2019 – 10 Ta 350/18)