Arbeitsrecht

Wirksame Urlaubserteilung bei unwiderruflicher Freistellung

Der Urlaubsanspruch nach §1 BUrlG besteht aus zwei untrennbar verbundenen Teilansprüchen, nämlich dem Anspruch auf Freistellung von der Arbeit und dem Anspruch auf Urlaubsvergütung. Der Arbeitgeber muss für die wirksame Erteilung des Urlaubs den Arbeitnehmer nicht nur von der Arbeit freistellen, sondern ihm zudem die Urlaubsvergütung vor Urlaubsantritt zahlen oder vorbehaltlos zusagen. Dies gilt auch bei der Anrechnung nichtgenommenen Urlaubs auf eine Freistellung in Folge einer Kündigung. Liegen keine gegenteiligen Anhaltspunkte vor, gibt der Arbeitgeber mit der Urlaubserteilung zu verstehen, sich gesetzeskonform verhalten und Urlaubsentgelt zahlen zu wollen.

Was ist passiert?

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaub. Die Klägerin hatte Ende April 2017 ihr Arbeitsverhältnis zum 31.5.2017 ordentlich gekündigt. Nach Eingang des Kündigungsschreibens stellte die beklagte Arbeitgeberin die Klägerin mit Schreiben vom 2.5.2017 mit den Worten „Wir werden Sie im Mai nicht planen. Stattdessen stellen wir Sie unter Anrechnung Ihrer Überstunden und Urlaubsansprüche unwiderruflich frei. Den sich ergebenden Saldo Ihres Arbeitszeitkontos werden wir anschließend mit Ihrem Maigehalt verrechnen. …“ unwiderruflich frei. Die Klägerin hielt die Urlaubserteilung für unwirksam und verlangte von der Beklagten eine anteilige Urlaubsabgeltung für zehn Arbeitstage. Das ArbG wies die Klage ab, das LAG die Berufung zurück.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG schloss sich den Vorinstanzen an und hielt die Revision für unbegründet. Nach dessen Ansicht hatte die Beklagte der Klägerin mit der Mitteilung über ihre Freistellung wirksam Urlaub erteilt. Die Freistellungserklärung war für die Klägerin erkennbar auf die Erfüllung ihres Urlaubsanspruchs gerichtet und enthielt auch beide Komponenten der Erfüllung eines Urlaubsanspruchs. Fraglos war sie durch die Freistellung von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit. Zwar zahlte die Beklagte die Urlaubsvergütung nicht vor Beginn des Freistellungszeitraums und damit vor Urlaubsantritt und hatte ihr die Zahlung der Urlaubsabgeltung auch nicht vorbehaltlos zugesagt. Das BAG legte aber die unwiderrufliche Freistellung durch die Beklagte als Absicht zur Urlaubserfüllung und damit zur Zahlung des Urlaubsentgelts aus. In einem bestehenden Arbeitsverhältnis stellt der Arbeitgeber nach Ansicht des BAG mit der Urlaubserteilung seine Pflicht zur Zahlung von Urlaubsgeld streitlos. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine anderweitigen gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen.

Dass die Beklagte in ihrer Freistellung nicht festlegte, welche Tage des Freistellungszeitraums dem Urlaub dienen sollten, war unschädlich. Denn damit hatte sie der Klägerin zulässigerweise die Entscheidung über die Lage des Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums überlassen.

Fazit

Die Frage, ob und wann ein Arbeitgeber einseitig Urlaub gewähren kann, ist und bleibt ein Spannungsthema. Wenn wie hier der Urlaub in der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber festgelegt wird, wird das in der Regel von den Gerichten so akzeptiert.

Im bestehenden Arbeitsverhältnis sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen. Äußern Arbeitnehmer*innen keine Urlaubswünsche, steigt die Chance für den Arbeitgeber, den Urlaub einseitig zu gewähren. Will eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer dann den Urlaub aber nicht in der vom Arbeitgeber festgelegten Zeit in Anspruch nehmen, muss sie/er zumindest ausdrücklich widersprechen, ggf. ausdrücklich andere Urlaubswünsche äußern. Andernfalls gilt der Urlaub als erfüllt.

(BAG, Urteil vom 20.08.2019 – 7 9 AZR 468/18)