Arbeitsrecht

Mitbestimmung des Betriebsrates beim Gesundheitsschutz und Personaleinsatzplanung

Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts ist nicht davon auszugehen, dass das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG allein aus systematischen Gründen keine Maßnahmen erfasst, die - wie Besetzungsregeln - ggf. die Personaleinsatzplanung des Arbeitgebers und damit eine Angelegenheit iSd. § 92 BetrVG berühren. Dies verkennt, dass das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Personalplanung nach § 92 BetrVG einerseits und sein Mitbestimmungsrecht beim Arbeits- und Gesundheitsschutz nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG andererseits unterschiedliche Angelegenheiten betreffen.

Was ist passiert?

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt eine Spezialklinik zur Behandlung von Wirbelsäulen und Gelenken, für die der beteiligte Betriebsrat gebildet ist. Nachdem es zwischen den Beteiligten zu Auseinandersetzungen über die Mindestbesetzung des Pflegedienstes gekommen war, beschloss der Betriebsrat am 6. März 2013 die Einrichtung einer Einigungsstelle zum „Arbeits- und Gesundheitsschutz“. Dies teilte er der Arbeitgeberin am 7. März 2013 mit.

Die Einigungsstelle beschloss durch einen streitigen Spruch am 8. Dezember 2016 eine „Betriebsvereinbarung allgemeiner Pflegedienst zur Dienstplanung der Pflegekräfte in Abhängigkeit der Belegung der Stationen“ (BV Besetzung). Diese regelt nach ihrem § 1 („Geltungsbereich“) die Dienstplanung für die Pflegekräfte des allgemeinen Pflegedienstes, derzeit auf den Stationen 2c, 3a incl. 2a, 3c, 4b und 4c incl. 4a. §   Abs. 1 BV Besetzung bestimmt, dass bei der Dienstplanung zur Vermeidung einer gesundheitlichen Gefährdung der Bedarf an erforderlichen Pflegeminuten je Patient zu beachten ist. In § 3 Nr. 1 bis Nr. 5 BV Besetzung ist die Anzahl der einzusetzenden Pflegekräfte für die einzelnen Stationen jeweils für den Früh-, Spät- und Nachtdienst von Montag bis Freitag sowie – sofern die Station in dieser Zeit nicht geschlossen ist - an Wochenenden und Wochenfeiertagen festgelegt. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BV Besetzung sind während des laufenden Dienstplanmonats Belegungserhöhungen nur durchzuführen, wenn die erforderliche Zahl von Pflegekräften zur Verfügung steht.

Diesen Spruch der Einigungsstelle hat die Arbeitgeberin erfolgreich vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein angefochten. Das LAG vertrat die Auffassung, dass der mit der Vorgabe einer Mindestbesetzung verbundene Eingriff in die nicht der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende Personalplanung des Arbeitgebers nicht durch § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 1 ArbSchG gerechtfertigt sei. Dagegen wendet sich der Betriebsrat mit seiner Rechtsbeschwerde.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hat die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Der Spruch der Einigungsstelle wurde also wirksam angefochten.

Allerdings stellt das BAG zu Beginn der Entscheidung deutlich fest, dass die vom LAG gegebene Begründung nicht haltbar ist. Zwar hat der BR bei der Personalbemessung grundsätzlich kein Mitbestimmungs- sondern nur ein Mitberatungsrecht. Wenn sich jedoch die Personalbemessung Auswirkungen auf den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter ergeben können, ist es durchaus vorstellbar, dass mittelbar dadurch auch die Personalbemessung mitbestimmt werden kann.

Auch die vom LAG herangezogene Gesetzesbegründung, nach der die Beteiligung der Arbeitnehmer auf wirtschaftlichem Gebiet dem Unternehmensverfassungsrecht vorbehalten bleiben soll, führe zu keiner anderen Entscheidung.

Im Ergebnis hat das BAG den Antrag deshalb zurückgewiesen, weil eine Einigungsstelle im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht gleichzeitig der Regelungsauftrag zur Ausgestaltung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne von § 5 Arbeitsschutzgesetz und zur Regelung erforderlicher Schutzmaßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsschutzgesetzt sowie deren Wirksamkeitskontrolle übertragen werden kann.

Fazit

Auch wenn die Entscheidung im Ergebnis den Spruch der Einigungsstelle gekippt hat, gibt der Beschluss des BAG doch Anlass zur Hoffnung. Zusammen mit dem Beschluss des BAG vom 13.08.2019 - 1 ABR 6/18 - gibt das BAG deutliche Hinweise, wie Betriebsräte ihr Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz ausüben können. Bedauerlicherweise ist und bleibt die Ausübung dieses Mitbestimmungsrechts aber ein langer und oft sehr steiniger Weg.

(BAG, Beschluss v. 19.11.2019 – 1 ABR 22/18)