Arbeitsrecht

Auskunftsanspruch des Betriebsrats und Datenschutz

Umfasst ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine besondere Kategorie personenbezogener Daten (sensitive Daten im datenschutzrechtlichen Sinn), ist Anspruchsvoraussetzung, dass der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmer angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen trifft.

Was ist passiert?

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat alle Fälle der Schwangerschaft von Arbeitnehmerinnen unaufgefordert unter Namensnennung mitzuteilen. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Unterrichtung über alle Schwangerschaften in vollem Umfang. Ohne diese sei das Gremium nicht in der Lage, seine Kontrollaufgabe nach § 80 BetrVG wahrzunehmen. Der Betriebsrat ist der Meinung, das Erfüllen der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben – eben seine Kontrollaufgabe – sei nicht von einer Einwilligung der schwangeren Arbeitnehmerin abhängig.

Der Arbeitgeber will die Auskunft dem Betriebsrat nur erteilen, wenn die Arbeitnehmerin der Weitergabe der Daten an den BR nicht widerspricht.

Das ArbG hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben, das LAG hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hat den Beschluss aufgehoben und das Verfahren an das LAG zurückverwiesen.

Dem Grunde nach hat aber auch das BAG wie schon die Vorinstanzen das BAG den Auskunftsanspruch des BR bejaht. Der Auskunftsanspruch bestehe insbesondere auch unabhängig davon, ob die betroffene Person mit der Auskunftserteilung an den Betriebsrat einverstanden sei. Die Aufgabenerledigung des Betriebsrats, so betont das BAG noch einmal, stehe nicht zur Disposition der betroffenen Arbeitnehmer.

Allerdings könnten datenschutzrechtliche Aspekte dem begehrten Auskunftsanspruch entgegenstehen. Ob dem Auskunftsanspruch datenschutzrechtliche Gründe entstehen können, müsse jeweils im Einzelfall geprüft werden. Aus § 6 BDSG, wonach die Rechte des Betriebsrats „unberührt“ bleiben, ergebe sich eine wechselseitige Ergänzung des gesetzlichen Datenschutzes und des kollektiven Schutzes durch die Betriebsratsbeteiligung, sodass bei der Ausübung der Beteiligungsrechte die Anforderungen des Datenschutzes zu beachten seien. Die Unterrichtung des Betriebsrats über personenbezogene Daten sei eine Datenverarbeitung i. S. v. Art. 2 und 3 DSGVO, unabhängig von der offengelassenen Frage, ob der Betriebsrat Dritter i. S. v. Art. 4 Nummer 10 DSGVO oder Teil der verantwortlichen Stelle oder gar (so der Senat wörtlich) Verantwortlicher i. S. v. Art. 4 DSGVO sei. Bei der Auskunft über eine Schwangerschaft handele es sich um die Verarbeitung von Gesundheitsdaten i. S. v. Art. 9 DSGVO. Diese Verarbeitung sensitiver Daten sei gem. § 26 Abs. 3 BDSG i. V. m. § 22 Abs. 2 BDSG nur erlaubt, wenn die dort beschriebenen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen bei dem Betriebsrat gewährleistet seien. Dies müsse der Betriebsrat darlegen. Wenn diese spezifische Schutzpflicht beim Betriebsrat erfüllt sei, stehe die Datenübermittlung im Einklang mit den Grundrechten der Beschäftigten. Um dies zu klären, wurde die Sache an das LAG zurückverwiesen.

Fazit

Die Entscheidung gibt wichtige Hinweise zum Datenschutz beim Betriebsrat. Dabei hat das BAG offengelassen, ob der Betriebsrat „Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO sei. Letzterenfalls, also als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO, könnte es dem Betriebsrat blühen, einen eigenen Datenschutzbeauftragen zu benötigen.

Letztlich verlangt das BAG aber vom Betriebsrat ein schlüssiges Konzept über den Nachweis der Sicherheit der von ihm verwalteten Daten. Die Schutzmaßnahmen können sein:

  • das zuverlässige Sicherstellen des Verschlusses der Daten (Passwortschutz beim Betriebsrats-PC, Verwahren der Ausdrucke in abschließbaren Aktenschränken)
  • das Beschränken der Zugriffsmöglichkeiten
  • das planmäßige Löschen der vertraulichen Daten nach Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben (z. B. nach Ablauf der Mutterschutzfristen)

Ich bin selber einmal gespannt, wie sich die Praxis hier weiterentwickeln wird. Mit dem pauschalen Hinweis auf den Datenschutz wird niemand mehr seine Daten vor dem Betriebsrat verheimlichen können, die Frage wird sein, wie hoch die Anforderungen an das Schutzkonzept zum Schutz der Daten beim Betriebsrat sein wird.

(BAG, Beschluss v. 09.04.2019 – 1 ABR 51/17)