Arbeitsrecht

Fortbestand der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten

Die Schwerbehindertenvertretung ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten. Sie wird nach § 177 I 1 SGB IX in Betrieben mit wenigstens fünf – nicht nur vorübergehend beschäftigten – schwerbehinderten Menschen für eine Amtszeit von regelmäßig vier Jahren gewählt. Sinkt die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter im Betrieb unter den Schwellenwert von fünf, ist das Amt nicht vorzeitig beendet.

Was ist passiert?

Die Beteiligten streiten um die Fortdauer der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung, nachdem die Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten und dessen Gleichgestellten im Betrieb unter die Zahl von fünf abgesunken war.

Mit Schreiben vom 10.8.2020 teilte die Arbeitgeberin dem Antragsteller mit, dass aus ihrer Sicht eine Schwerbehindertenvertretung nicht mehr existiere. Daraufhin forderte die Schwerbehindertenvertretung die Arbeitgeberin ihrerseits auf, den Fortbestand der Schwerbehindertenvertretung bis zum Ablauf der Amtszeit – der nächsten anstehenden Neuwahl – anzuerkennen. Zumindest solle für die Dauer der rechtlichen Klärung eine Duldung der Schwerbehindertenvertretung in Betracht gezogen werden. Dies lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 17.8.2020 ab. In dem von ihr eingeleiteten Verfahren hat die Schwerbehindertenvertretung die Feststellung begehrt, dass ihr Amt nicht aufgrund des Absinkens der Anzahl schwerbehinderter Menschen im Betrieb vorzeitig beendet ist.

ArbG und LAG haben den Antrag abgewiesen.

Wie hat das BAG entschieden?

Die zugelassene Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung hatte vor dem 7. Senat des BAG Erfolg. Das Amt der Schwerbehindertenvertretung sei nicht vorzeitig beendet. Eine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert nach § 177 I 1 SGB IX vorsieht, bestehe im Gesetz nicht. Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit sei auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts geboten.

Fazit

Die Entscheidung liegt bisher nur als Pressemitteilung vor. Anders als das BetrVG für den Betriebsrat sieht das SGB IX allerdings keine ausdrückliche Regelung für den Fall vor, dass der Schwellenwert unterschritten wird. Insoweit erscheint es mir nur konsequent zu sein, dass das BAG hier anders als die Vorinstanzen nicht davon ausgeht, dass mit dem Absinken der Mindestanzahl für die Wahl einer SBV ihre Amtszeit vorzeitig endet.

(19.10.2022 – 7 ABR 27/21)
(Quelle: Pressemitteilung des BAG)