Arbeitsrecht

Anspruch eines freigestellten BR-Mitglieds auf SFN-Zuschläge sowie auf Rufbereitschaftspauschale

  1. Ein nach § 38 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied hat nur dann Anspruch auf Zuschläge wegen Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit sowie auf eine Rufbereitschaftspauschale, wenn er die Betriebsratsarbeit auch unter den erschwerten Bedingungen erbringt.
  2. Führt er die Betriebsratstätigkeiten hingegen ausschließlich zu üblichen Bürozeiten von Montag bis Freitag aus, stehen ihm die Zulagen nicht zu, auch wenn er vor der Freistellung entsprechend gearbeitet und Zuschläge erhalten hat.

Was ist passiert?

Die Parteien streiten um die Höhe der Zahlung einer Wechselschichtzulage sowie um die Höhe einer Zulagenpauschale, die im Rettungsdienst bei dem Beklagten tarifvertraglich bezahlt wird. Die Zulagenpauschale beinhaltet Nachtzuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge sowie eine Rufbereitschaftspauschale.

Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1999 bei dem Beklagten als Rettungssanitäter beschäftigt. Er ist Mitglied des Betriebsrats und seit Juni 2018 mit einem Zeitanteil von 50% seiner Arbeitszeit (= 19,25 Stunden) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Vor dem Beginn der Freistellung war der Kläger ausschließlich in Wechselschicht tätig, danach im Umfang der verbleibenden Arbeitspflicht. Die Betriebsratstätigkeiten führt der Kläger regelmäßig zu üblichen Bürozeiten von Montag bis Freitag aus, in denen er Zuschläge für Nacht-, sowie Sonn- und Feiertagsarbeit und eine Rufbereitschaftspauschale nicht verdienen kann. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Wechselschichtzulage und die Zulagenpauschale stünden ihm in voller Höhe und nicht nur für den Zeitanteil zu, in dem er als Sanitäter tätig wird, sondern auch für den Zeitanteil seiner Freistellung für die Betriebsratsarbeit. Wäre er nämlich nicht freigestellt, wäre er vollständig in das 4-Schichtsystem der Beklagten integriert und würde dementsprechend die Zuschläge und Pauschalen erhalten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Wie hat das LAG entschieden?

Es hat die Berufung zurückgewiesen. Zwar gehören zum Arbeitsentgelt i.S.v. § 37 Abs. 2 BetrVG gehören alle Vergütungsbestandteile, nicht dagegen ein Aufwendungsersatz. Zu dem Arbeitsentgelt zählen neben der Grundvergütung insbesondere Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Sie werden für die Erschwernis der Arbeit zu ungünstigen Zeiten gewährt. Sie dienen nicht dem Ersatz von tatsächlichen Mehraufwendungen, die dem Arbeitnehmer bei der Erbringung der Arbeitsleistung entstehen. Das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen.

Dem Kläger stehen für die Zeit seiner Betriebsratstätigkeit weder die Funktionszulage noch die Wechselschichtzulage zu, weil er die Betriebsratstätigkeit zu Zeiten erbracht hat, zu welchen die Zulagen nicht zu zahlen sind. Er verrichtete die Betriebsratstätigkeiten weder in Wechselschicht, noch wurde er im Rahmen seiner Freistellung nachts oder an Sonn- oder an Feiertagen tätig. Auch befand er sich nicht Rufbereitschaft. Der Umstand, dass der Kläger die entsprechenden Zulagen im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit nicht erhält, beruht nicht auf seiner Freistellung, sondern darauf, dass er – aufgrund eigener Entscheidung – die Betriebsratstätigkeiten nur zu den üblichen Geschäftszeiten ausführt.

Fazit

Die Neuregelung der Betriebsratsvergütung ist zwar momentan in Arbeit, es ist aber abzusehen, dass auch sie Fälle wie diesen nicht regeln wird. Der BR hatte hier – wie wir finden – nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass er keineswegs aufgrund seiner eigenen Entscheidung nur noch tagsüber seinem Amt nachkommen kann, vielmehr habe er seine Betriebsratsarbeiten zu den Zeiten ausüben müssen, die ihm durch die Teilnahme an und zur Leitung von Betriebsratssitzungen, zur Teilnahme an und zur Leitung von Betriebsausschusssitzungen, zur Teilnahme an Sitzungen des Gesamtbetriebsrats und zur Wahrnehmung von Aufgaben insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber vorgegeben seien. Betriebsratssitzungen, Betriebsausschusssitzungen, Sitzungen des Gesamtbetriebsrats, Gespräche und Verhandlungen mit Vertretern des Arbeitgebers, Einigungsstellensitzungen, Gerichtssitzungen, Gespräche und die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten und Gewerkschaftsvertretern fänden stets tagsüber statt.

Immerhin hat das LAG die Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen, so dass wir von dort vielleicht bald mehr erfahren.

(LAG Hessen, Urt. v. 13.06.2023 – 12 Sa 1294/22)