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Elternunterhalt

Wenn pflegebedürftige Eltern in einem Pflegeheim untergebracht sind, können die Pflegeheimkosten oft nicht aufgebracht werden. Kostet ein Pflegeheimplatz z.B. 3.500 €, beteiligt sich die Pflegekasse bei Pflegegrad 2 mit 770 €. Hat der Pflegebedürftige z.B. eine monatliche Rente von 1.200, €, verbleibt ein monatlich zu zahlender Fehlbetrag von 1.530 €.
Bevor der Sozialhilfeträger die fehlenden Heimkosten übernimmt, ist zu prüfen, ob der Pflegebedürftige noch sonstiges Einkommen oder Vermögen hat, das er für die fehlenden Heimkosten aufbringen muss. Dem Pflegebedürftigen darf lediglich ein Schonbetrag von 5.000 € verbleiben. Alles darüber hinausgehende Vermögen, soweit es kein Schonvermögen ist, muss für die fehlenden Heimkosten aufgebracht werden. Auch ein Sparbuch, welches für die eigenen Bestattungskosten beiseite gelegt worden ist oder der Wert einer Sterbegeldversicherung müssen, soweit der Betrag von 5.000 € übersteigt, für die fehlenden Heimkosten hergegeben werden.
Ist der Pflegebedürftige verheiratet, verdoppelt sich der Schonbetrag auf 10.000 €. Das diesen Betrag übersteigende Vermögen muss das Ehepaar für die fehlenden Heimkosten zunächst aufbringen.
Hat der Pflegebedürftige im eigenen Haus gewohnt und steht dieses aufgrund des Heimumzuges leer, ist das Haus entweder zu vermieten, um den Fehlbetrag auszugleichen oder zu verkaufen. Wohnt im Haus noch der Ehegatte oder ein naher Verwandter, z.B. ein Kind des Pflegebedürftigen, ist das Haus insgesamt Schonvermögen und muss weder vermietet noch veräußert werden. Das Haus bleibt dann unangetastet.

Erst wenn sämtliches Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen bzw. das Vermögen seines Ehegatten bis auf die vorgenannten Schonbeträge aufgebraucht ist, werden die Heimkosten als Sozialhilfe übernommem. Der Sozialhilfeträger prüft dann, ob er das Geld wieder von anderen Personen zurückfordern kann. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Hat der Pflegebedürftige innerhalb der letzten 10 Jahre Schenkungen gemacht und kann deshalb jetzt seinen Lebensunterhalt bzw. die Heimkosten nicht mehr bestreiten, können die Schenkungen zurückgefordert werden. Wenn der Pflegebedürftige z.B. sein Haus seinem Sohn geschenkt hat, könnte das Haus „zurückgefordert“ werden. Wenn der Sohn im Haus wohnt, ist es aber Schonvermögen und muss nicht zurückgegeben werden. Ist im Übergabevertrag ein Wohnrecht vereinbart und kann dieses wegen des Heimaufenthalts des Pflegebedürftigen von diesem nicht mehr ausgeübt werden, sollte bereits im Übergabevertrag eine Regelung z.B. dergestalt getroffen werden, dass das Wohnrecht dann, wenn der Pflegebedürftige nicht mehr die Wohnung bewohnen kann, ersatzlos entfällt und keine Ausgleichszahlung erfolgen muss. Der Sohn könnte dann auch die dem Wohnrecht zu Grunde liegende Wohnung für sich nutzen oder vermieten. Ist allerdings im Übergabevertrag statt einem Wohnrecht ein Nießbrauch vereinbart, könnte der Bezirk das Nießbrauchsrecht an sich überleiten und dann die Wohnung vermieten und die Mieteinnahmen für die fehlenden Heimkosten verwenden. Es empfiehlt sich deshalb in den meisten Fällen statt einem Nießbrauch ein Wohnrecht zu vereinbaren und eine klare Regelung zu treffen, was mit dem Wohnrecht geschieht, wenn dieses wegen des Umzugs des Pflegeberechtigten in ein Pflegeheim auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann.
  2. Hat der Pflegebedürftige Kinder, haften diese dem Pflegebedürftigen zum Elternunterhalt, wozu auch die fehlenden Heimkosten gehören. Jedem Kind verbleibt jedoch ein unantastbares monatliches Einkommen von 1.800 €; für dessen Ehegatten (Schwiegerkind des Pflegebedürftigen) wird ein Freibetrag von 1.440 € anerkannt.

Sind noch eigene Kinder vorhanden (Enkel des Pflegebedürftigen), werden diese auch vorrangig berücksichtigt. Erst wenn das monatliche Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes diese Freibeträge übersteigt, hat sich das Kind an den Heimkosten zu beteiligen und zwar mit 50 % des die Freibeträge übersteigenden Betrages. Zum besseren Verständnis: dem unterhaltspflichtigen Kind (egal ob Sohn oder Tochter) verbleiben 1.800 €, dem nichtverdienenden Ehegatten (Schwiegerkind) verbleiben 1.440 € und – wenn z.B. 2 Kinder (Enkel) vorhanden sind und diesen z.B. je 400 € zustünden – müßte das unterhaltspflichtige Kind mehr als 4.040 € (1.800 + 1.440 + 400 + 400) netto verdienen, um sich an den fehlenden Heimkosten beteiligen zu müssen.

Man darf auch 5 % vom derzeitigen Bruttoeinkommen für seine eigene Altersvorsorge anlegen. Verdient das Kind z.B. 3.000 € brutto, könnten 150 € zusätzlich für die eigene Altersvorsorge angelegt werden, sodass dann der ihm zustehende Selbstbehalt sich von 1.800 € auf 1.950 € erhöht.

Wohnt das unterhaltspflichtige Kind im eigenen Haus, muss es sich in Höhe der ersparten Miete einen Wohnvorteil anrechnen lassen. Sind monatliche Schulden für das Haus, z.B. für durchgeführte Renovierungen zu zahlen, sind die monatlichen Schuldbelastungen jedoch vorweg wieder vom Wohnvorteil abzuziehen.
Ob das unterhaltspflichtige Kind auch auf seine Ersparnisse und sein Vermögen zurückgreifen muss, um die fehlenden Heimkosten zu begleichen, ist davon abhängig, ob das Vermögen für die eigene Altersvorsorge benötigt wird. Hat z.B. ein 45 Jahre alter unterhaltspflichtiger Sohn derzeit ein Bruttoeinkommen von 3.000 €, bleibt ihm ein Vermögen in der Höhe, das sich daraus ergibt, wenn er bereits seit Beginn seiner Berufstätigkeit diesen Betrag angelegt hätte, verzinst mit 4 %. Auch hier zum besseren Verständnis ein Beispiel: ist der Sohn seit 25 Jahres berufstätig, würden 76.500 € als Vermögen unangetastet bleiben, weil sich dieser Betrag ergibt, wenn man 25 Jahre monatlich 150 € verzinst mit 4 % angelegt hätte.

Da das selbst bewohnte Haus Schonvermögen ist, wäre zu überlegen, ob nicht ein vorhandenes Bankvermögen, das das Schonvermögen übersteigt, zumindest teilweise für Renovierungs- und Sanierungsarbeiten in das eigene Haus investiert werden sollte. Durch die Investitionen würde das Haus darüber hinaus eine Wertsteigerung erhalten und wenn es alters- und behindertengerecht umgebaut wird, könnte später eventuell ein eigener Heimaufenthalt vermieden werden.

Mehrere Kinder des Pflegebedürftigen haften für den Fehlbetrag nicht zu gleichen Teilen, sondern anteilig nach ihren jeweiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Man kann folglich seinen Anteil der fehlenden Pflegeheimkosten nur errechnen, wenn man auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Geschwister kennt! Der Sozialhilfeträger wird sich vermutlich aus Datenschutzgründen weigern, die entsprechenden Daten der Geschwister preiszugeben. Mit diesem Argument kann der Sozialhilfeträger jedoch nicht durchdringen, weil spätestens dann, wenn man sich nicht einigt, der Sozialhilfeträger wie jeder normale Unterhaltsgläubiger auch beim Familiengericht den Elternunterhalt einklagen müsste. Spätestens dann müssten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Geschwister offen gelegt werden.
Zu überlegen wäre jedoch immer, ob die Geschwister nicht einvernehmlich sich dahingehend einigen, den Fehlbetrag an monatlichen Heimkosten zu übernehmen.

Werner Nied