Arbeitsrecht

Keine Nachfrist bei zu wenig Kandidat:innen für die BR-Wahl

Bei einer Betriebsratswahl ist der Wahlvorstand bei Einreichung einer Vorschlagsliste mit insgesamt weniger Wahlbewerbern als Betriebsratssitze zu besetzen sind, nicht in entsprechender Anwendung des § 9 WO verpflichtet, eine Nachfrist für die Einreichung von Wahlvorschlägen zu setzen.

Was ist passiert?

Der Wahlvorstand (WV) hatte im Wahlausschreiben einen 9-köpfigen Betriebsrat zur Wahl ausgeschrieben. Innerhalb der gesetzlichen Frist ging beim WV zwar ein Wahlvorschlag ein, der aber nur sechs Wahlbewerber aufwies. Deshalb entschied sich der Wahlvorstand, eine Nachfrist von einer Woche in entsprechender Anwendung § 9 der Wahlordnung (WO) zu setzen. Diese blieb erfolglos, weitere Wahlbewerber kamen nicht hinzu. Daraufhin wurde die Wahl mit den eingereichten sechs Kandidaten durchgeführt. Der Arbeitgeber hat die Wahl u.a. mit dem Argument angefochten, der Wahlvorstand habe eine zu kurze Nachfrist gesetzt. Dem ist das LAG Niedersachsen in seiner Entscheidung gefolgt.

Wie hat das BAG entschieden?

Es hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und den Anfechtungsrechtstreit an das LAG zurückverwiesen. Der Senat ist der Auffassung, dass der Wahlvorstand nicht berechtigt war, eine derartige Nachfrist in analoger Anwendung des § 9 WO zu setzen. Insbesondere bestehe keine gesetzliche Regelungslücke. § 9 WO diene ausschließlich dazu, zu verhindern, dass überhaupt keine BR-Wahl durchgeführt werden könne. Sind dagegen nur zu wenig Kandidaten vorhanden, könne trotzdem eine BR-Wahl durchgeführt werden, auch wenn dann eben ein zu kleiner BR gewählt werde.

Deshalb liege ein Verstoß des WV gegen die Wahlordnung vor. Da aber innerhalb der Nachfrist keine weiteren Vorschläge beim WV eingegangen sind, konnte das Wahlergebnis durch die unberechtigte Nachfristsetzung nicht beeinflusst werden, so dass darauf ankomme, ob der WV andere Fehler begangen habe, die ggf. eine Anfechtung der Wahl begründen könnte. Da das BAG das noch nicht abschließend prüfen konnte, wurde die Sache zurückverwiesen.

Fazit

Rechtzeitig vor der kommenden BR-Wahl hat das BAG in einer lange diskutierten Rechtsfrage Klarheit geschaffen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das BAG entschieden, dass ggf. ein kleinerer BR zu wählen sei, wenn zu wenig Kandidaten vorgeschlagen wurden (vgl. unseren Newsletter 5/24). Dort hatte der WV eben keine Nachfrist zur Einreichung weiterer Wahlvorschläge gesetzt. Insofern überrascht die Entscheidung des BAG jetzt auch nicht, sie liegt vielmehr auf der bisherigen Linie. Für alle Wahlvorstände trotzdem aber eine hilfreiche Handreichung für die kommende Wahl.

(BAG, Beschluss v. 22.05.2025 – 7 ABR 10/24)