Arbeitsrecht

Rückzahlung von Fortbildungskosten, wenn Prüfung nicht angetreten

Es ist unzulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe dafür zu betrachten. Jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers liegen, müssen von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden.

Was ist passiert?

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Fortbildungskosten. Die Beklagte war bei der Klägerin, die eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei betreibt, in der Zeit vom 1. April 2014 bis zum 30. Juni 2020 als Buchhalterin beschäftigt. Ab August 2017 nahm die Beklagte an einem „Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuer­berater­prüfung 2018/2019“ beim Studienwerk der Steuerberater in Nordrhein-Westfalen teil. Am 4. Dezember 2017 schlossen die Parteien einen Fortbildungsvertrag. Diers sah unter anderem folgende Regelung vor:

„§ 5. Das in Anspruch genommene Förderbudget ist zurückzuzahlen, wenn […]

3. die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt.

Zu den Rückzahlungsmodalitäten war weiter aufgeführt, dass in bestimmten „Härtefällen“ eine Rückzahlungsverpflichtung entfallen soll. So enthielt der Fortbildungsvertrag (unter anderem) folgende weitere Reglung:

Härtefallregelung: Für den Fall, dass der Angestellte das Examen aus einem nicht von ihm zu vertretenden objektiven Grund (bspw. Dauerhafte Erkrankung, Pflege von Angehörigen) nicht ablegen kann, ist er verpflichtet, das Examen nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wieder aufzunehmen und abzuschließen. Es gelten dann wieder die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung. Falls aufgrund eines zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte, ist er nicht zur Rückzahlung der bis dahin geleisteten Förderung verpflichtet.“

Die Beklagte trat tatsächlich die Prüfung an zwei möglichen Terminen nicht an. Später kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung. Die Beklagte legte das Examen nicht ab. Die Klägerin, die vormalige Arbeitgeberin der Beklagten, forderte daraufhin geleistete Lehrgangsbeiträge in Höhe von 4.083,93 € von der Beklagten zurück.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt und verurteilten die Beklagte zur Rückzahlung der Lehrgangskosten.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hob das Urteil auf des Landesarbeitsgerichts auf, hob die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf und wies die Klage ab und entschied so voll im Sinne der Arbeitnehmerin.

Die Klausel stellt Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist somit unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Bundesarbeitsgericht knüpft dabei an seine Rechtsprechung an und präzisiert diese weiter.

So führt es aus, dass eine Rückzahlungspflicht von Fortbildungskosten nicht schlechthin unzulässig ist. Allerdings bedarf es einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Insbesondere müssen Regelungen in Rückzahlungsverpflichtungen enthalten sein, die eine Rückzahlung dann ausschließen, wenn das Verhalten des Arbeitgebers für die Kündigung zumindest mitursächlich war. Das BAG sah diese Voraussetzungen hier nicht gewahrt und entschied, dass damit die gesamte Klausel unwirksam ist.

Die Regelung sieht in Satz 1 vor, dass der Arbeitnehmer, wenn er aus einem von ihm nicht zu vertretenden objektiven Grund (z.B. dauerhafte Erkrankung, Pflege von Angehörigen) das Examen nicht ablegen kann, verpflichtet ist, dieses nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wiederaufzunehmen und abzuschließen. Damit regelt Satz 1 unter den genannten Voraussetzungen lediglich die Suspendierung der Pflicht, das Examen abzulegen, nicht aber die Aufhebung der Rückzahlungspflicht. Die Voraussetzungen, unter denen Letztere entfällt, ergeben sich aus Satz 3 der Regelung. Danach ist der Arbeitnehmer nicht zur Rückzahlung der bis dahin geleisteten Förderung verpflichtet, wenn aufgrund eines zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte. Die Regelung beschränkt damit den Wegfall der Rückzahlungspflicht auf diese Fälle.

Das genügt somit nicht für eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung.

Fazit

Klauseln über Rückzahlungsverpflichtungen lohnen einer Überprüfung. Die Fehlerquellen sind vielfältig. Oft bestehen somit gute Verteidigungsmöglichkeiten gegen hohe Rückforderungen von Fortbildungskosten durch Arbeitgeber.

(BAG, Urteil vom 25.04.2023 – 9 AZR 187/22)